Forschende des Instituts für Neuroinformatik in Zürich wollten durch ihre Versuche an Zebrafinken die Mechanismen entschlüsseln, nach denen Vogelgesang entsteht. Hieraus ließen sich dann, in unabsehbarer Zukunft, Erkenntnisse des menschlichen Sprechens oder über Sprachstörungen ableiten. Sie stuften die Versuche als mittlere Belastung für die Tiere ein.
Das Veterinäramt bewilligte auf Antrag der kantonalen Tierversuchskommission (KTVK) zwar die Hirnversuche an Zebrafinken, korrigierte jedoch das Leid der Tiere vom mittleren Schweregrad in den als höchstbelastend ein.
Eine Kommissionsminderheit erhob gegen die Versuche Beschwerde. Das kantonale Verwaltungsgericht hat nach Prüfung die schwerstbelastenden Hirnversuche zur Erforschung neuronaler Vorgänge des Vogelgesangs von Zebrafinken am 24.11.22 für unrechtmäßig erklärt.
Extremes Leid hätte den Zebrafinken bevorgestanden.Ihre Gehirne verkabelt, um Nervenaktivitäten zu messen, als Schwarmvögel in engsten Einzelkäfigen, teilweise festgebunden, hätten sie bis zu neun Stunden täglich Versuche über sich ergehen lassen müssen, erlöst nur noch vom Tod.
Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei für Versuche mit sehr schwerer Belastung der Tiere im Bereich der Grundlagenforschung die Schwelle (der Genehmigung) sehr hoch anzusetzen. Die schwere Belastung der Tiere hätte allein nur in Bezug zum Erkenntnisgewinn aus den konkreten Versuchen bestanden. Konkrete Erwartungen an eine spätere klinische Verwertbarkeit fehlten. Der wissenschaftliche Nutzen der Tierversuche sei zu hoch gewichtet, womit dann das Tierschutzinteresse überwiege.
In der Schweiz und auch in Deutschland sollte beim Genehmigungsverfahren das Leid der Tiere mit dem möglichen Erkenntnisgewinn und dem daraus konkret erzielbarem Nutzen für den Menschen in Relation gesetzt werden. Laut Studien wird das Leid der Tiere fast immer zu tief eingeschätzt.
Noch haben die Forschenden die Möglichkeit, gegen dieses Urteil zu klagen.
Erinnern wir uns an die beantragten Nachtigallenversuche 2018 von zwei Forscherinnen der FU Berlin. Sie beantragten 35 Nestlinge aus der freien Natur zu entnehmen, weil im Institut für einen Zuchtaufbau nicht genügend Nachtigallen vorhanden waren. Sie wollten Studien über ihren Gesang, den die Tiere erlernen müssen, ihr Rufen, das Erlernen des Singens betreiben. Dazu sollten ihnen Chips ins Gehirn implantiert werden. Begründet wurde der Versuch (Grundlagenforschung), auf diese Weise möglicherweise Erkenntnisse über das Krankheitsbild von autistischen Kindern zu erlangen.
Der Versuchsantrag erreichte die Medien, nachdem die Senatsverwaltung für Umwelt das Herausnehmen der 35 Nestlinge aus der freien Natur nicht genehmigt hatte. Die Empörung der Bevölkerung über diesen Versuch war groß. Wir berichteten. ( Info 1/2018, Info 2/2018.) Link zu Blog?
Ärzte gegen Tierversuche e.V. vergaben 2021 den Negativpreis „Herz aus Stein“ an das Forschungszentrum für Neurosensorik der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg. An aus der freien Natur gefangenen Singvögeln, denen ein Loch in den Schädel gebohrt und eine Markierungssubstanz in das Gehirn gespritzt wurde, sollte der Magnetsinn von Zugvögeln untersucht werden. Wem nützt dieses Wissen, gezahlt mit dem extremen Leid der Tiere und guten Steuergeldern an Teilnehmende der tierexperimentellen Forschung?
Extremes Leid der Tiere steht oftmals nur einem wagen, zeitlich weit entfernten Nutzen gegenüber. Doch selbst geringstes Leid, das egoistische Ausnutzen des Stärkeren am Schwächeren, ist für uns ethisch nicht zu akzeptieren. Humanrelevante Methoden müssen angewandt und im großen Stil gefördert werden. Sie sind aussagekräftig, auf den Menschen übertragbar und in der Regel sehr viel schneller!
Die Genehmigungspraxis ist überall gleich. Es herrschen gravierende Missstände. Der Nutzen des Versuchs wird maßlos übertrieben, das Leid der Tiere heruntergespielt. Die Änderung der Gesetze der Tierschutz – Versuchstierverordnung 2021 fing diese Missstände nicht auf. Nach wie vor werden alle Versuche genehmigt, wird der der Weg des geringsten Widerstands gegangen.
Dennoch macht das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts sehr viel Hoffnung. Signalwirkung wird sich auch in Deutschland, bei Forschenden, den beratenden Tierversuchskommissionen und in den Genehmigungsbehörden zeigen.
Quelle:
Schweizer Gericht verbietet grausame Hirnversuche an Zebrafinken