Die TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V. feiern Ihr 40-jähriges Jubiläum. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, um in unserer Blogreihe „40 Jahre TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V. “ Rückschau zu halten auf die Höhepunkte unserer vier Jahrzehnte ehrenamtlicher Arbeit.
Das Tierrechtswochenende des Bundesverbandes der Tierversuchsgegner – Menschen für Tierechte – und der Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg e.V. am 20/21.Mai 2000 in Berlin war ein fantastischer Erfolg. Allein 300 Teilnehmer*innen aus dem Bundesgebiet kamen nach Berlin. Brigitte Jenner, unsere damalige 1. Vorsitzende, war zugleich im Vorstand des Bundesverbandes der Tierversuchsgegner. Sie hatte sehr darum gekämpft, dass die Veranstaltung in Berlin stattfindet und gehörte zum dreiköpfigen Orga-Team. Da wir der ansässige Verein waren, ruhte auf uns natürlich eine besondere Verantwortung und auch Arbeit.
Das Tierrechtswochenende begann am Samstag um 09:30 Uhr im Saal des Bildungswerkes der evangelischen Kirche.
Am Tagungsort hatten die teilnehmenden Vereine die Gelegenheit ihre Arbeit an Stellwänden darzustellen.
Eine optische Abrundung gab eine Bilderausstellung des Malers Pogo. Für dieses Wochenende wurde auch Prof. Tom Regan (amerikanischer Philosoph) eingeladen.
Mit seinem Vortrag am Samstag begann der offizielle Teil. Mit fast 300 Teilnehmern war der Saal des Bildungswerkes ausgebucht. In einer lebendigen Vortragsweise vermittelte der Philosoph den Zuhörern seine Thesen zu Tierrechten. Der Rückblick auf sein eigenes Leben spiegelt einen starken Bewusstseinswandel wider. Er war nicht immer der Tierrechtsphilosoph gewesen, ganz im Gegenteil. Durch das Lesen von Büchern über Gandhi, in denen es um Gewalt ging – wurde ihm bewusst, dass auch der Inhalt seines Kühlschrankes – durch die toten Körperteile von Tieren – Gewalt ist. Diese Einsicht veranlasste ihn, sich für die Rechte der Tiere einzusetzen, die er bereits 1982 mit seinem Buch “The Case for ANIMAL RIGHTS” in die Öffentlichkeit brachte. Tom Regan regte an, Bücher über Gandhi zu lesen. Gandhi war seine Inspiration.
Tom Regan bezeichnete uns als Botschafter aller Tiere – wir sprechen für sie.
“Wir Aktivisten müssen die Menschen überzeugen, dass Tiere Rechte haben. Sie haben das Recht auf Freiheit, denn es ist ihre Freiheit – sie haben das Recht auf Leben, denn es ist ihr Leben – sie haben das Recht auf Unversehrtheit, denn es ist ihr Körper“.
“Wir haben nicht die Freiheit den Tieren diese Rechte zu nehmen. Wir müssen die Menschen überzeugen, den ersten Schritt zu tun, denn wer den einen Schritt tut, macht auch den zweiten und den dritten. Tiere haben nicht nur eine Biologie, sondern eine Biographie – sie nicht etwas, sie sind jemand – sie sind nicht nur physisch, sondern auch physiologisch. Sie sind wie wir. Tiere haben das Recht geachtet zu werden.”
Diese Aussagen sind auch die Antriebsfeder für die TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg. Wir haben und werden uns auch weiterhin für die Rechte der Tiere zu einsetzen.
Nach seinem Vortrag signierte Tom Regan noch viele Bücher von „The Case For Animal Rights“.
Ein wunderbares Andenken für viele Besucher.
Ein weiterer Gast war Dr. David van Gennep von Stichting AAP (eine niederländische Tierschutzstiftung). Er erläuterte das geplante Affenprojekt, das Life-Time-Care-Center, wo resozialisierte Affen wieder in Gruppen zusammenleben können. Die Größe der geplanten Anlage beträgt 2,5 ha. Sie könnten dort 400-500 Primaten aufnehmen. Mit dem Spendengeld, das bei unserer späteren Versteigerung dann zusammenkam, wurde der Anfang gemacht. Zu dem geplanten Projekt gab es natürlich viele Fragen, die geduldig von Dr. van Gennep beantwortet wurden. Es ist ein tolles Projekt, das noch heute Bestand hat. Wir wollten dort die 1999 geretteten Schimpansen Bobby und Wilma unterbringen. Diese beiden Affen sollten nach einem harten Leben im Zirkus, im Privatzoo und dann in einem Kuhstall dahinvegetierend, eingeschläfert werden. Bei Stichting AAP sollten sie ein neues Zuhause finden.
Nach der Vorstellung von Dr. David van Gennep und vor unserem Performancezug stärkten wir uns bei einem veganen Büfett. Das war zur damaligen Zeit noch recht ungewöhnlich. Nach dem Essen begann dann unser Zug über den Kudamm bis zur Gedächtniskirche. Viele Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an dem Umzug durch Berlin teil.
Alle Tierschutzthemen waren vertreten, von Tierversuchen über Massentierhaltung bis zu Pelz.
Die TierVersuchsGegner beteiligten sich mit einem Theaterstück. Maus, Katze und Affe klagten bei Justitia, die unser Rechtssystem verkörperte, und forderten sie auf Recht zu sprechen. Wir hatten natürlich auch zwei Wissenschaftler im Theaterstück dabei: einen Wissenschaftler, der Tierversuche machte und viel Geld zur Verfügung hatte und einen anderen Wissenschaftler, der auf tierversuchsfreie Forschung setzt und kaum Geld dafür bekommt.
Gegen 17:00 Uhr erreichte der Demozug den Breitscheidplatz an der Gedächtniskirche.
Dort führte Alida Gundlach (damals eine sehr bekannte TV-Moderatorin) durch die Veranstaltung.
Sänger und Bands unterhielten durch ihre Darbietungen. Schauspieler trugen Gedichte vor, lasen aus Briefen usw. Es war eine vielseitige und sehr interessante Veranstaltung. Durch ihre charmante, spritzige Art eroberte Alida Gundlach sofort die Herzen aller Anwesenden und trug so maßgeblich zum guten Gelingen dieser Veranstaltung, im Besonderen zum grandiosen Erfolg der Versteigerung, bei.
Wir hatten viele Prominente eingeladen und davon sind viele gekommen. Sie brachten Sachen von sich mit, die wir versteigern konnten. Wer nicht kommen konnte, schickte uns Dinge die wir versteigern konnten.
Hier nur ein paar Beispiele:
Handsigniertes T-Shirt von Götz George, zwei handsignierte Mützen von Michael Schuhmacher, Bronzeskulpturen von Stefan Eck, das Bild „EULALIA“ von Hannelore Hoger, zwei Bilder von Pogo, die signierten Bücher von Alida Gundlach usw. Die T-Shirts der Tierrechte 2000, signiert durch die anwesenden Prominenten, brachten sehr gute Preise. Allein die Krawatte von Tom Regan wurde für 100,- DM versteigert, worüber er sehr verwundert war.
Zur Halbzeit der Versteigerung führten wir noch einmal unser Gerichtsverfahren auf. Es oben auf der Bühne aufzuführen, war noch einmal eine ganz neue Herausforderung, aber wir hatten durch die vielen Aufführungen während des Umzugs ja schon einige Erfahrungen.
Dr. David van Gennep stellte das Affenprojekt erstmals der Öffentlichkeit vor.
Der Erlös dieser Versteigerung (8.500,- DM) war das Startkapital dieses bewundernswerten Projektes.
Um 22:00 Uhr war für uns dieser ereignisreiche Samstag zu Ende. Wir waren ziemlich müde. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen. Außerdem ging es ja am Sonntag weiter.
Der kulturelle Ausklang dieses Wochenendes war die Lesung am Sonntagvormittag.
Unter der Moderation von Geraldine Gaul (Schauspielerin) haben
- die einleitenden Worte vom Umweltbeauftragten der ev. Kirche Reinhard Dalchow
- die Tierbücher von Alida Gundlach
- die selbstgeschriebenen, bewegenden Berichte über das Robbenschlachten und
den Bärentanz von der Schauspielerin Ingrid van Bergen - die wahrheitsgetreue Schilderung aus seinem Buch „Petermann –
Schicksal eines Schimpansen“ von Daniel Thomas - die erschütternden „Briefe aus dem Gefängnis“ von Rosa Luxemburg
gelesen von Inge Keller
uns mal zum Schmunzeln, zum Nachdenken und auch zum Weinen gebracht.
Es war ein sehr anstrengendes Wochenende gewesen, aber wir waren auch irgendwie stolz und zufrieden. Wir hatten so viel glückliche und bewegende Momente erlebt, die wir lange nicht vergessen haben.
Wenig später führten wir ein weiteres Mal eine derartige Gerichtsverhandlung auf. Inspiriert war unsere Aufführung durch das bekannte Zitat von Christian Morgenstern, der mahnte „Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.“ Der Kläger in Gestalt eines Affen warf dem Berliner Experimentator Grausamkeiten an Tieren vor. Seine Versuche wurden aufgezählt und im Einzelnen beschrieben. Deutlich betroffen zeigten sich die Richter, wogegen der angeklagte Forscher ein zurückweisendes Gesicht machte und der Verteidiger uninteressiert, unbeteiligt und arrogant wirkte. Die Richter stellten sich kurz nach dem Urteil der Presse in Form der anwesenden Passanten. Die Antwort auf die Frage, ob es rechtens sein kann, was im Namen der Wissenschaft mit den Tieren im Labor passiert, war ein eindeutiges Nein.
Von unserem friedlichen Kampf für unser Anliegen gibt es aus den vergangenen 40 Jahren noch viel zu berichten. Über einen weiteren Meilenstein berichten wir dann im kommenden Teil unserer Blogreihe „40 Jahre TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V.“.