Ob in der Impfstoff- oder in der Medikamentenentwicklung: dass Tierversuche die Innovation gefährden und ein Paradigmenwechsel möglich und dringend nötig ist, zeigt die Coronavirus-Pandemie deutlich auf. Dennoch halten Politiker*innen und Behörden weltweit noch immer an dieser – auch das Wohl und die Gesundheit von Patient*innen gefährdenden – Methode fest.
Eine weltweite Pandemie erfordert Zusammenhalt, Innovation und eine besondere Schnelligkeit in der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen. Genau dies – die Entwicklung eines Impfstoffes gegen COVID-19 – wurde dank mehrerer entscheidender Faktoren in nur einem Jahr geschafft; darunter auch die Verkürzung oder komplette Überspringung von Tierversuchen vor den Tests am Menschen (Klinische Phase 1-3) [1]. Dennoch halten Politiker*innen und Behörden noch immer am Modell der Tierversuche fest, wie das „Monkey Stockpile Proposal“ [2], oder das den TierVersuchsGegnern am 06.05.2021 zugegangene Schreiben des Bundesministeriums zeigen, in dem noch immer von einem „unerlässlichen Mindestmaß“ an Tierversuchen gesprochen wird. „Nicht nur werden Tiere unter standardisierten, sterilen Laborbedingungen künstlich krankgemacht oder genmanipuliert – womit die erzeugten Symptome dem tatsächlichen Krankheitsbild des Menschen keineswegs ähneln -, sondern auch die speziesspezifischen Unterschiede, wie zum Teil erheblich kürzere Lebensspannen, Stoffwechselvorgänge und Gewohnheiten, werden völlig außer Acht gelassen; mit fatalen Folgen für Patient*innen.“ unterstreicht hierzu Natascha Brecht, Diplombiologin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V..
Die Versagensquote von Medikamenten in der klinischen Prüfung am Menschen liegt- hauptsächlich aufgrund fehlender Wirksamkeit oder Sicherheit – bei über 90 %, wie Analysen von Überblicksstudien aus Fachartikeln der Jahre 1991 bis 2020 zeigen [3]. Eine erschreckende Prognose – und dies bei einer durchschnittlichen Entwicklungsdauer von 13,5 Jahren und Kosten von 2-5 Milliarden US-Dollar pro Medikament. Zudem entwickelt keine andere Tierart die komplexen Symptome eines Multi-Organ-Befalls, wie er beim Menschen bei einer Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus auftreten kann. Es ist folglich wenig verwunderlich, dass man Tierversuchen in der Entwicklung von Arzneimitteln gegen COVID-19 keine hohe Priorität einräumte.
Humanbasierte, tierversuchsfreie Methoden, wie Organoide, erzielen bereits jetzt – neben Forschungen zum SARS-CoV-2-Virus u.a. auch in der personalisierten Krebstherapie – trotz geringer Förderung von weniger als 1 % der öffentlichen Fördergelder in Deutschland, hervorragende Ergebnisse [4] und die Nachfrage nach diesen – in Forschung und Entwicklung um 10 – 26 % günstigeren – Methoden steigt weltweit. „Deutschland darf den Anschluss an eine innovative, zukunftsweisende Forschung nicht verlieren und sollte nun endlich den Fokus auf die Förderung und Validierung humanrelevanter, tierfreier Methoden legen – aus den Aspekten Patienten- und Tierschutz gleichermaßen.“ schließt Frau Brecht.
Die TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V. fordern bereits seit über 40 Jahren die komplette Abschaffung von Tierversuchen, sowie die Förderung von tierversuchsfreien Methoden zum Wohl von Mensch und Tier.
Quellen:
[1] https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/news/aktuelle-news/3282-corona-impfstoffe
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/tierversuche/humanmedizin/3303
[3] Arrowsmith, J. (2011) ‘Phase II failures: 2008–2010’, Nature Reviews Drug Discovery, 10(5), pp. 328–329. doi: 10.1038/nrd3439.
[4] https://punkt4.info/social-news/news/insphero-und-erasmus-medical-center-forschen-gemeinsam.html
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin: „Ein künstliches Lungenmodell als Testsystem für ein Corona-Medikament“, 09.04.2020