Eines der höchsten Güter in unserer Gesellschaft scheint die ewige Jugend zu sein. Um zumindest optisch den Alterungsprozess auszuhebeln, wird oft Botox genutzt.
Was ist Botox?
Botox ist der Handelsname eines Präparates aus dem Nervengift Botulinumtoxin, das als eines der stärksten Nervengifte überhaupt gilt – heute wird „Botox“ als Oberbegriff für verschiedene Präparate auf Basis von Botulinumtoxin verwendet. Das Toxin wird vom Bakterium Clostridium botulinum produziert und verursacht Botulismus, bestimmte Vergiftungserscheinungen wie Lähmungen. In der Vergangenheit geschah dies häufig durch den Verzehr schlecht konservierter Lebensmittel, in denen sich das Gift bereits angehäuft hat, was früher oft zum Tode führte. Daher stammt auch der Name: Aus den lateinischen Begriffen für „Wurst“ = „botulus“ sowie für „Gift“ = „toxin“.
Heute nutzt man es vor allem in verschiedenen Bereichen zur Behandlung.
Zum Beispiel wird Botulinumtoxin in der Neurologie gegen Bewegungsstörungen eingesetzt, aber auch vermehrte Schweißbildung, Migräne oder Depressionen können mithilfe von Botox therapiert werden.
Neben diesen medizinisch begründbaren Einsätzen wird Botox vor allem auch in der ästhetischen Schönheitsmedizin zur Glättung von Falten verwendet.
Welche Rolle spielen hier Tierversuche?
Völlig unabhängig davon, ob man eine Botoxbehandlung befürwortet oder andere Wege gehen möchte, was jede*r für sich selbst entscheiden kann, so sollte man sich stets vor Augen führen, dass Tierversuche hier noch weit verbreitet sind, obwohl schon mehrere Unternehmen behördliche Zulassungen für Zellkulturmethoden zur Testung ihrer Präparate erhalten haben. Diese Tests wurden von den Firmen selbst entwickelt und basieren auf menschlichen Zellen. Leider werden auch von diesen Firmen bislang nicht alle Tierversuche ersetzt, aber teils bis zu 80 Prozent.
Wie ist die aktuelle rechtliche Lage? Auf europäischer Ebene ist für jede Produktionseinheit Botulinumtoxin ein LD50-Test an Mäusen vorgeschrieben, des Weiteren muss eine Referenzsubstanz mit bekannter Toxinmenge mitgeprüft werden.
Allein in Europa bedeutet dies den Einsatz von bis zu 400.000 Mäusen pro Jahr: Man spritzt den Mäusen die Substanz in die Bauchhöhle. Folge: Mehrere Tage Krämpfe, Lähmungen, Atemnot bis hin zum Tod. Todesursache der Tiere ist dann schlussendlich Atemstillstand.
Es wurden – siehe oben – bereits mehrere tierfreie Verfahren zugelassen, da diese die gleichen Ergebnisse liefern wie der vorgeschriebene LD50-Test, aber und das ist die Crux: Eben nur dann…
Hier liegt das Problem: Der Tierversuch und seine Ergebnisse unterliegen bekanntermaßen einem Übertragungsproblem – das Ergebnis des Tierversuchs ist unzuverlässig und kaum übertragbar auf den Menschen und seinen Organismus.
Wenn die Ergebnisse beider Verfahren, also des Tierversuchs und der tierversuchsfreien Methode, sich stark gleichen, dann wird die alternative Methode anerkannt.
Daraus folgt, dass neue, tierversuchsfreie Methoden keine Chance haben, anerkannt zu werden, wenn sie andere und eben auch bessere Resultate hervorbringen als der Tierversuch.
Eine Frage, die in diesem Zusammenhang oft gestellt wird, ist die, warum für Botox Tierversuche durchgeführt werden, obwohl diese in der EU seit 2004 im Bereich Kosmetika verboten sind.
Botox-Präparate sind nicht als Kosmetika zugelassen, obwohl sie faktisch als solche verwendet werden, sondern als Medikamente – also greift das Verbot nicht. Sie gelten des Weiteren nicht als Kosmetika, da sie gespritzt und nicht wie eine Creme aufgetragen werden.
Im Bereich der Faltenbehandlung wird oftmals Off-Label-Use durchgeführt: Medikamente werden außerhalb der von den Behörden genehmigten Anwendungsbereiche genutzt –Patient*innen unterschreiben hierzu eine Erklärung, dass die Behandlung auf eigenes Risiko erfolgt.
Eine weitere Masche ist, Falten als medizinisches Problem zu interpretieren, um die entsprechenden Medikamente völlig legal verwenden zu können.
Ganz offensichtlich wird das Tierversuchsverbot für Kosmetika auf verschiedene Art und Weise geschickt umgangen…
Aktionstag am 26.06.2021
Seit 2012 finden europaweite Aktionstag gegen Botox-Tierversuche statt, jeweils um den Tag der ersten Anerkennung eines tierfreien Tests – der diesjährige Aktionstag ist am 26. Juni 2021. Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf dem Unternehmen Sloan Pharma.
Während einige Hersteller von entsprechenden Präparaten zumindest partiell auf tier(versuchs)freie Zelltests umgestiegen sind, testet Sloan Pharma weiterhin an Mäusen. So hat Sloan Pharma zwar begonnen, eine tierversuchsfreie Methode zu entwickeln, aber erfahrungsgemäß kann sich der Zeitraum bis zur Zulassung lange hinziehen.
Die Ärzte gegen Tierversuche starten daher hierzu eine Briefaktion und fordern die Bundesregierung auf: Botox-Tierversuche nicht länger zu genehmigen, sich für die Streichung des LD50-Tests für Botulinumtoxinprodukte im Europäischen Arzneibuch und für ein EU-weites Tierversuchs- und ein Vermarktungsverbot für an Tieren getestete Botulinumtoxinprodukten einzusetzen. Musterbriefe an die Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner sind unter diesem Link zu finden: https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/helfen/kampagnen/255.
Da jede einzelne Charge getestet wird, bedeutet dies in logischer Konsequenz: Wenn mehr Botox produziert und gespritzt wird, erleiden mehr Tiere unsagbare Grausamkeiten.
Daher ist es mehr als wichtig, den Gräuel, den Tiere für die vermeintliche menschliche Schönheit zu erdulden haben, publik zu machen. Jede*r Arzt*Ärztin, der*die Botulinumtoxin spritzt, und jede*r Patient*in, der*die sich auf eine Behandlung einlässt, sei sie nun medizinisch begründbar oder eher kosmetischer Natur, muss wissen, welches Tierleid hinter dieser ach so einfachen und effektiven Anwendung steht.
Quellen
https://www.netdoktor.de/therapien/botox/
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/helfen/kampagnen/149-stoppt-botox-tierversuche
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Botulismus.html
Anita Baron, Berlin 20.06.2021