“Versuchstiermeldung” Berlin 2020 – oder das Märchen einer Hauptstadt tierversuchsfreier Forschung

Die Anzahl der in Berlin im Tierversuch “verwendeten“ Tiere: 145.613 !

Was sagt diese Zahl? Sind diese, also nur diese Tiere „verwendet, benutzt oder verbraucht“ worden? Das Wort „Versuchstiermeldung“ 2020 lässt diesen Schluss zu.

Aus einen Schreiben vom 29.6.21 des LAGeSo an die Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg e.V. geht jedoch hervor: „Gemäß den Hinweisen zum Ausfüllen des Erhebungsbogens zur VersTierMeldV 2013 ist jede Verwendung eines Tieres zum Ende des Versuchsvorhabens zu melden. Für Versuchsvorhaben mit einer Laufzeit von über zwei Kalenderjahren sind die Daten über die Tiere für das Jahr zu melden, in dem diese getötet werden oder sterben oder nicht mehr in dem Versuchsvorhaben verwendet werden. Demnach werden keine Tiere gemeldet, für die die Versuchsdurchführung in einem Jahr noch nicht abgeschlossen wurde.“ Kurz gefasst: Die Zahl der in einem Jahr insgesamt „verwendeten“ Tiere kann also weit höher liegen.

Eine Tabelle, veröffentlicht vom LAGeSo, in welcher die Tiere nach ihrem „Verwendungszweck“ aufgegliedert sind, gibt sogar die noch höhere Zahl 146.921 an. Hier werden die Tiere hinzugerechnet, welche erneut in Tierversuchen gequält und 2020 getötet wurden.

Allein der Begriff „Verwendungszweck“ gegenüber einem fühlenden Lebewesen zeigt eine Dimension menschlicher Denkart, die verstörender nicht sein kann. Die leidenden Tiere, die trauernde Ergebenheit in ihr Schicksal, ist das unsichtbar? Für jedes einzelne Tier ist der Versuch besetzt mit Angst, Schmerzen, dem einzigen Wunsch zu entkommen, dem Wunsch zu leben. Seine Gefühle unterscheiden sich nicht von unseren.

193 Tierversuchsanträge wurden genehmigt, 36 Tierversuchsvorhaben wurden angezeigt. Ob Anträge nicht genehmigt wurden, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Die Anzahl der genannten 2020 „ausgeschiedenen“ Tiere ist im Vergleich zum Vorjahr um 21,4% gesunken. Begründet wird dies durch die Pandemie. Es bedeutet also nicht eine bewusst gewollte und gelungene Reduzierung der Zahlen der „Versuchstiere“. Es lässt eher vermuten, dass tierexperimentelle Forschungsprojekte anfällig in Krisenzeiten, sprich in Zeiten von Pandemien sind.

Die Maus (126.237 Tiere), gefolgt von der Ratte (11.765 Tiere) und dem Haushuhn (2.676 Tiere) waren die Tierarten, die für Versuche am meisten „benutzt“ wurden. Allein für die Grundlagenforschung wurden 41.992 Mäuse gequält.

Die Anzahl anderer getöteter Säugetiere, z.B. der Hunde, Katzen, Schafe, Kaninchen oder Schweine, ihr Ausscheiden aus dem Versuch wird zunächst nicht in Zahlen, sondern in Prozenten genannt. Zahlen in Prozenten erscheinen geringer. Die tatsächlichen Zahlen lassen sich aus den Tabellen ersehen.

Für 37 Katzen und 97 Hunde bedeutete das Jahr 2020 das Ende als „Versuchstier“ und wahrscheinlich ihren Tod.

Bei Primaten wurden keine Zahlen genannt.

73.916 Tiere waren genetisch verändert. Hier liegt die Anzahl der Tiere, die nicht die gewünschten Merkmale aufweisen und getötet werden, sehr hoch. Sie werden nicht erfasst. Auch hier, bei genetisch veränderten Tieren, ist das Leid immens.

47.108 Tiere starben für die Grundlagenforschung, eine Forschung, die irgendeiner wissenschaftlichen Frage nachgeht, die vermeintlich dringend gelöst werden muss.

41.070 Tiere wurden allein getötet, um ihre Organe oder andere Teile zu entnehmen für „wissenschaftliche Zwecke“ zu entnehmen. Ist das Töten von Tieren eine Normalität?

Den noch immer gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen fielen 25.047 Tiere zum Opfer. Oftmals sind es Toxizitätstests, in denen die Tiere schwerst leiden.

Der translationalen (Kliniknahe Forschung) und angewandten Forschung fielen 24.254 Tiere zum Opfer.

3.349 Tiere wurden 2020 in Berlin zum Zwecke der Hochschulausbildung bzw. der Schulung zum Erwerb, zur Erhaltung oder Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten eingesetzt und getötet. Seit Jahren wird eine fortschrittliche Lehre für Studierende gefordert, in der sie lernen, modernste tierversuchsfreie, humanrelevante Methoden anzuwenden und zu entwickeln.

Jedes einzelne Tier von 3.349 Tieren ist eine Blamage für Berlin!

Lassen wir uns nicht unterkriegen!

Seit dem Januar 2020 läuft bundesweit erfolgreich die Kampagne „Ausstieg aus dem Tierversuch. Jetzt!“ und fordert einen Ausstiegsplan aus Tierversuchen.

Etliche Berliner Parteien forderten in ihren Parteiprogrammen einen Ausstiegsplan aus dem Tierversuch. Die TierVersuchsGegner Berlin und Brandenburg e.V. sowie der Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. Geschäftsstelle Berlin fordern die Berliner Parteien auf, den Ausstiegsplan in die nächste Koalitionsvereinbarung aufzunehmen und zügig umzusetzen.

Das EU-Parlament verabschiedete am 13. September 2021 einen Beschluss, welcher die EU-Kommission auffordert, einen EU-weiten Ausstiegsplan aus dem Tierversuch zu erarbeiten. Ein großer Erfolg!

Bitte unterstützen auch Sie die Europäische Bürgerinitiative “Für den Schutz kosmetischer Mittel ohne Tierquälerei und ein Europa ohne Tierversuche.Ihre Unterschrift darf nicht fehlen!

Quellen: https://www.berlin.de/lageso/gesundheit/veterinaerwesen/tierschutz/versuchstiermeldung/#meldung, 06.08.2021,https://www.berlin.de/lageso/ueber-uns/jahresberichte-und-weitere-informationen/jahresberichte/,