Edeltraud Jenner
Was uns bewegt ist eine Interview Reihe, die wir mit Mitgliedern und anderen, dem TVG nahe stehenden Personen regelmässig durchführen. Im September 2016 sprachen wir mit unserem Mitglied Edeltraud Jenner, bekannt als Timmi.
Seit wann und warum sind Sie dem Tierschutz verbunden und setzen sich gegen Tierversuche aktiv ein?
Seit 1987 oder 1988 bin ich aktiv dabei. Das Interesse hat meine Freundin geweckt. Sie war, seit ich denken kann, im Tierschutz engagiert. Daher war ich immer so halbwegs informiert, aber nicht aktiv. 1985 machte ich Urlaub auf einem Bauernhof in Bayern. Die Hühner und Enten liefen auf dem Hof herum, eine Ziege kam bis an die Küchentür – sehr idyllisch.
Dann wollte ich mir mal den Schweinestall ansehen. Immer wieder, mit fadenscheinigen Ausreden, wurde es mir nicht gestattet. Ich wurde neugierig und habe darauf bestanden. Was ich da sah, änderte mein Leben vollends. Es war eine Sauenzucht und es war genauso entsetzlich, wie man es heute von Bildern kennt. Damals war es noch nicht so bekannt.
Dieses Erlebnis war der Anstoß, mich aktiv im Tierschutz einzusetzen.
Bei uns sollte es, ab sofort, nur noch Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren geben. Das hat sich aber bald geändert. Auch artgerecht gehaltene Tiere leiden, also blieb nur noch – kein Fleisch mehr. Meine Freundin brachte mir das Thema „Tierversuche“ näher und hat mein Interesse am Einsatz gegen Tierversuche geweckt.
Durch die Arbeit bei den Tierversuchsgegnern wurde ich mit den vielen Grausamkeiten, die die Tiere im Versuch erleiden müssen, konfrontiert. Wenn man sich einmal damit befasst, wirklich intensiv befasst, dann muss man etwas dagegen tun. 1993 habe ich eine Hündin aus dem Tierversuch (von dem so genannten Mäusebunker) bei mir aufgenommen. Sie war 5 ½ Jahre alt und bestand nur aus Angst. Alles, einfach alles verursachte Angstattacken bei ihr. Es hat ein Jahr gedauert, bis sie halbwegs mit dem Leben zurechtkam. Das hat sie und mich viel Nerven gekostet, aber es hat sich gelohnt. Mein Einsatz gegen Tierversuche oder für die Förderung von Alternativen wurde dadurch nur noch intensiviert.
Wie setzen Sie Ihre Haltung gegen Tierversuche im Alltag um?
Ich benutze, soweit es mir möglich ist, nur tierversuchsfreie Produkte.
Am Anfang ist es ein wenig schwierig, jedes Produkt muss man erst einmal anhand der Positivlisten prüfen, ggf. auch nachfragen. Das spielt sich aber ein. Im Endeffekt nimmt man ja immer die gleichen Kosmetik- und auch Haushaltsprodukte.
In Gesprächen mit Freunden und Bekannten weise ich immer mal wieder auf das Elend der Tiere hin und verweise auf tierversuchsfreie Produkte. Man darf nicht übertreiben, sonst hört einem keiner mehr zu. Da muss man das richtige Maß finden.
Was berührt Sie am meisten beim Thema Tierversuche?
Die Hilflosigkeit der Tiere. Sie können ja nicht verstehen, was mit ihnen passiert. Sie sind den Menschen einfach nur ausgeliefert.
Der Schmerz ist sicherlich schlimm, doch für mich ist die Angst vor dem Schmerz oder dem Unbekannten noch schlimmer. Das scheinen menschliche Empfindungen zu sein, aber lt. Wissenschaftlern empfinden die Tiere genauso. Das macht es noch schlimmer.
Wie, glauben Sie, kann man mehr Menschen zum Thema Tierversuche in unterschiedlichen Bereichen der Forschung, Lehre und Konsumgüter sensibilisieren?
Das geht nur über Information. Wir machen das schon seit vielen Jahren. Das Interesse der Bevölkerung ist mal mehr, mal weniger groß. Im Moment weniger, glaube ich.
Die Information sollte allgemein und gezielt für einzelne Produktgruppen erfolgen. Produktgruppen, bei denen die Bevölkerung Tierversuche gar nicht vermutet:
Wussten Sie, dass selbst Hundefutter im Tierversuch getestet wird?
Wussten Sie, dass für Ihre Zahnpasta Tiere im Tierversuch leiden müssen?
Informationen müssen über die bekannten Verteilerwege, aber verstärkt über die sozialen Netzwerke verbreitet werden.
Der Hinweis – welchen Ausweg es aus diesem Elend geben kann/könnte – muss gleich mitgeliefert werden.
Und dann die Aufforderung zur Hilfe bzw. Unterstützung im Kampf gegen dieses Elend.
Hinweis auf Erfolge – siehe Kosmetik.
Im Prinzip machen wir das, wie bereits erwähnt, seit vielen Jahren. Vielleicht erreichen wir mehr über die neuen sozialen Netzwerke?
Wie bewegt man Mitmenschen dazu, bewusster zu konsumieren als auch aktiv Marken zu sabotieren?
Das ist schwer. Für die meisten Menschen geht es nur um ihr persönliches Wohlbefinden. Das Nachdenken über bewussteren Konsum ist vielen Menschen, glaube ich, zu anstrengend. Da hilft nur fortlaufende Information durch alle möglichen Medien. Die Menschen müssen darauf hingewiesen werden, dass sie damit etwas Gutes tun. Ihr Konsumverhalten ist wichtig – nicht nur für die Umwelt – nein, für sie ganz persönlich. Dabei ist es sinnvoll einzelne Produkt bzw. Produktgruppen anzuführen. Eine allgemeine Konsumveränderung ist, meiner Meinung nach, kaum durchführbar. Es ist ein Weg der kleinen Schritte.
Marken zu sabotieren geht wohl auch nur über detaillierte Information.
Auch hier müssen die genauen Gründe, warum diese Marke sabotiert werden muss, angeführt werden. Dies ganz einfach, nicht kompliziert, erklärt.
Lange Ausführungen werden leider selten gelesen. Den meisten Menschen ist das schon zu viel. Auch hier wieder der Hinweis „Sie tun damit etwas Gutes, auch für sich selbst“.
Was wünschen Sie sich im Kampf gegen Tierversuche?
Schnellere Erfolge. Es ist immer so zäh und langwierig. Manchmal kann man schon verzweifeln. Nun aber im Ernst. Mehr Geld für die Alternativforschung und dadurch letztendlich auch eine höhere Wertschätzung.
An jeder Universität einen Lehrstuhl für Alternativforschung, um damit zukunftsweisend forschen zu können. Mit einem solchen Lehrstuhl hätten die Studenten dann eine wirkliche Entscheidungsfreiheit, ob sie mit oder ohne Tierversuche studieren wollen.
Geld für die Forscher, um erzielte Forschungsergebnisse bis zur Marktreife bringen zu können. Das wären für mich momentan die wichtigsten Wünsche in dieser Richtung.
Was ist Ihr Lieblingstier?
Der Hund
Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich immer Hunde hatte bzw. habe.